Das ist unfair!
Oft hören wir (übrigens auch aus linken Kreisen): Es sei halt ein Dilemma, dass unsere Altersvorsorge auf hohe Renditen durch Immobilien angewiesen seien. Man wolle ja wohl nicht unsere Renten aufs Spiel setzen.
Die Pensionskassen fördern mit Immobilienanlagen eine ungerechte Altersvorsorge!
1.
Von Pensionskassen-Geldern profitieren längst nicht alle.
Altersvorsorge ist nicht gleich Altersvorsorge. Die AHV ist nicht auf Anlagemöglichkeiten im Immobiliensektor angewiesen. Hingegen investieren die Pensionskassen (BVG) in den Immobilienmarkt – und treiben die Mieten hoch. Damit sichern sie auch die Renten, aber Achtung: Das kommt nicht allen zugute! Denn wir haben nicht alle eine Pensionskasse – und wenn, dann haben ausgerechnet diejenigen wenig Geld in ihrer Pensionskasse, die am stärksten unter Mieterhöhungen leiden. So hat zum Beispiel ein Drittel aller Frauen gar keine zweite Säule.1 Trotzdem müssen sie mit ihren Mieten die PK der anderen finanzieren? Das ist nicht fair.
1) Bundesamt für Statistik oder SRF vom 11.4.2023: «Frauen in der Rentenfalle – die meisten haben zu wenig gespart»
2.
Die beste Altersvorsorge sind tiefe Fixkosten – also günstige Mieten!
Wenn wir durch hohe Mietzinse die Altersvorsorge sichern möchten, produzieren wir einen Teufelskreis. Denn es sind auch Rentner*innen, die diese hohen Mieten bezahlen und weniger Rente haben zum Leben. Die beste Altersvorsorge wären doch tiefe Fixkosten, also insbesondere tiefe Mietzinse.
Das Stiftungs-Paradox
Diesem Paradox begegnen wir übrigens auch oft bei Stiftungen, die für einen sozialen oder kulturellen Zweck ihr Geld in Immobilien anlegen: Sie möchten mit ihrem Stiftungsgeld Armut bekämpfen, Künstler*innen finanziell fördern, Alte, Kranke, Familien, Frauen, Kinder usw. unterstützen… Dabe legen sie ihr Geld in Immobilien mit teuren Mieten an. Die negativen Folgen ihrer Anlagestrategie treffen oft genau ihre Zielgruppen.
Gute Quellen dafür sind die Recherchen von Tsüri.ch:
22.12.2022: «Eglistrasse, Hofacker, Park Schönbühl: Stiftungen treiben Gentrifizierung an»
14.3.2023: «Wir sind eine wohltätige Stiftung, nicht eine Immobilienfirma»
3.
Die Kosten des Pensionskassen-Systems sind enorm.
Immobilienanlagen von Pensionskassen sind nicht nur ungerecht, sondern auch sehr teuer. Jährlich werden nämlich 6,8 Milliarden Franken an Pensionskassengeldern für die Verwaltung verwendet – drei Viertel davon für die Vermögensverwaltung.1 Eine aktuelle Recherche geht sogar davon aus, dass jährlich etwa 20 Milliarden Franken aus dem PK-Vermögen in die Finanzindustrie abfliessen.2 Die AHV ist mit 220-550 Millionen Franken pro Jahr (je nach Berechnungsmethode) dagegen viel effizienter. Umso stossender, dass wir bei den Pensionskassen mit zu teuren Mieten noch unnötige Vermögensverwaltungs-Kosten bezahlen.
1) Gemäss dem aktuellen Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle, Siehe NZZ-Artikel vom 26.1.2023: «Die Verwaltung der Pensionskassen kostet fast 7 Milliarden Franken pro Jahr – die AHV ist «billiger», aber dafür weit anfälliger für unfaire Belastungen der Jungen»
2) Schlumpf & Nottaris, 2022: «Das Rentendebakel
Problem: neue Berechnung von Renditen
Ein weiteres Problem: 2004 wurden die Rechnungslegungsvorschriften der PKs so geändert, dass nicht mehr der ursprüngliche Anlagewert, sondern der aktuelle Marktwert bilanziert werden muss und als Basis für die Berechnung der Rendite dient. Dies hatte eine grosse buchhalterische Aufwertung der Immobilienbestände zur Folge und damit einhergehend eine Verkleinerung der rechnerischen Rendite bei gleichbleibenden Mieterträgen. Nun will man aber mindestens eine gleichbleibende Rendite. Also muss man die Mieten erhöhen (und dafür ev. vorher noch sanieren oder ersatzneubauen).
Weiterführende Tipps
Es ist kein Zufall, dass sich dieses ineffiziente und unsolidarische Pensionskassen-System so hartnäckig hält. Es wurde von den Profiteur*innen eingeführt und seither von denselben verteidigt.
Gute Quellen dafür sind …
… der SRF-Dokumentarfilm «das Protokoll» (wurde online entfernt: https://www.watson.ch/wirtschaft/schweiz/885770056-warum-sich-das-srf-mit-den-versicherungsgiganten-zofft)
… oder das Buch «Das Rentendebakel» von Schlumpf & Nottaris, 2022