Leider nicht!
Mittlerweile kümmern sich alle erdenklichen Parteien
und Institutionen um die ‚Wohnungskrise‘. Ein bunter
Strauss von Ideen wird präsentiert. Doch wirklich
Hoffnung machen uns diese Lösungsideen noch nicht …
Die aktuellen politischen Lösungen gehen zu wenig weit.
1.
Das Drittelsziel wird
nicht erreicht.
Die Stadtzürcher Stimmbevölkerung hat 2011 mit 67% Ja-Stimmen entschieden, dass in Zürich bis 2050 ein Drittel aller Mietwohnungen gemeinnützig sein soll. Doch das schaffen wir voraussichtlich nicht: 2022 wurden 2207 nicht-gemeinnützige Wohnungen erstellt und 359 gemeinnützige1 – das sind nur knapp 14%, damit wird der Anteil verringert statt erhöht. Ein Grund dafür: Die Stadt besitzt nicht genügend Land. Das geplante Vorkaufsrecht für Gemeinden2 kann dem eventuell Abhilfe schaffen.
1) Statistik Stadt Zürich, 2022: «Neubautätigkeit weiterhin auf hohem Niveau»
2) Siehe Kantonale Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen im Kanton Zürich» von der SP
Doch selbst wenn:
2.
Für die anderen Zweidrittel gibt es bis jetzt keine Lösungen.
Was passiert mit den Zweidrittel anderen Wohnungen auf dem ‚privaten‘ (aka profitorientierten) Markt? Die Schere geht auf: Gemeinnützige Kostenmieten stiegen innert 21 Jahren nur um 11 bis 19 Prozent pro Quadratmeter, kommerzielle Mieten hingegen stiegen um 25 bis 38 Prozent.1
1) Statistik Stadt Zürich, 2022: «Mietpreise in der Stadt Zürich»
Was vielleicht kommt: Wohnschutzgesetz
Was vielleicht kommt:
Es sind verschiedene politische Ideen unterwegs, wie zum Beispiel die kantonale Wohnschutz-Initiative, die folgendes verlangt:
- Wenn Liegenschaften saniert werden, dürfen Mieten nicht übermässig erhöht werden.
- Wenn Wohnungen abgerissen werden, müssen Eigentümer*innen ähnlich viele bezahlbare Wohnungen bauen.
Dafür werden aktuell noch Unterschriften gesammelt (www.wohnraum-schuetzen.ch), das heisst: bis darüber abgestimmt und der Schutz in Kraft ist, dauert es noch viele Jahre. Und wieviel er dann tatsächlich bringt, steht noch in den Sternen…
3.
Der neue Richtplan und die geplanten Hochhausrichtlinien
der Stadt Zürich befeuern die Krise.
Seit 2022 gilt der neue kommunale Richtplan, der eine starke Verdichtung vor allem in Randquartieren von Zürich vorsieht. Endlich also ein Weg in die richtige Richtung für mehr Wohnraum? Das schon. Bloss stellt sich die Frage: für wen und zu welchem Preis? Wird auf einem Grundstück erlaubt, höher oder dichter zu bauen als bisher, steigt der Wert dieses Grundstücks. Sobald ein solches Grundstück verkauft wird, machen die bisherigen Besitzer*innen Millionengewinne, ohne einen Finger dafür zu krümmen. Und die neuen Besitzenden entwickeln auf dem Grundstück ein ‚Projekt‘, mit dem sie den irrsinnigen Kaufpreis erstmal wieder hereinholen (siehe Mythos Nr. 2). Ihr könnt euch vorstellen: Günstiger Wohnraum liegt da leider nicht mehr drin. Ähnlich ist es mit den neuen Hochhausrichtlinien: Sie ermöglichen an gewissen Orten Hochhäuser zu bauen, Hochhäuser sind aber deutlich teurer als normal-hohe Wohnhäuser – wo das gemacht wird, steigen also die Mieten.
4.
Die aktuellen Gegenmassnahmen können diese Entwicklung nicht bremsen.
Um unverdiente private Bereicherung zu dämpfen und gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern, wurden ein paar Massnahmen ausgehandelt – die jedoch viel zu zahnlos sind: so zum Beispiel der Artikel 49b und die Mehrwertschöpfung.
Planungs- und Baugesetz, Artikel 49b
Wer ein besonders grosses Grundstück auf einmal überbaut, kann den sogenannten Arealbonus ausnutzen. Das bedeutet, dass dann 10% mehr gebaut werden darf. Auf Basis des neuen Artikels 49b ist in der Stadt Zürich nun geplant, dass 50% dieser zusätzlichen Ausnützung preisgünstig vermietet werden soll.1 Rechenbeispiel: In einer Siedlung mit 265 Wohnungen wären 252 teuer und 13 preisgünstig. Wer nochmals 3% preisgünstigen Wohnraum schafft, darf dafür noch das Untergeschoss ausbauen – dann gäbe es in dieser Siedlung also 21 preisgünstige Wohnungen. Dass da aber vor dem Abriss vielleicht 200 wirklich günstige Wohnungen gestanden hatten, wo jetzt 13-21 angeboten werden, daran erinnert sich dann niemand mehr.
1) Stadt Zürich, Beschluss des Stadtrats Nr. 710/2022 (14.07.2022)
Mehrwertausgleich
Wenn die Stadt erlaubt, auf einem Grundstück mehr als bisher zu bauen, steigert sich der Wert des Grundstücks schlagartig. Ein Teil dieser Wertsteigerung soll seit April 2022 abgeschöpft werden – das nennt sich Mehrwertausgleich. Bloss ist noch ungeklärt, wofür dieses Geld eingesetzt werden soll. Momentan ist es auch denkbar, dass damit vor der Haustür eines solchen Hauses ein Park gebaut wird, was den Wert des Grundstücks noch weiter hochtreiben würde. Solange diese Mehrwertabschöpfung also nicht in gemeinnützigen Wohnungsbau fliesst, ändert sie nichts an der Wohnungskrise.